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9. März 2025 – „Amerikas neues Gesicht“

So titelte der SPIEGEL das Cover seiner jüngsten Ausgabe. Man sieht Lady Liberty mit ohnmächtig geballter linker Faust, zähnefletschend mit  Zügen Cäsars. In der Strahlenkrone sitzt winzig der finster blickende Mr. Trump mit seiner roten, erkennbar zu langen Krawatte. In der Ausgabe selber werden abenteuerliche Bedrohungen von Freiheit und Demokratie durch die USA  beschrieben und ebenso abenteuerliche Gegenmaßnahmen  der (meisten) europäischen Länder. Viele von uns werden sich an die SPIEGELCovers der ersten Amtszeit des Präsidenten Trump erinnern. Es waren ungeheuerliche Bildentwürfe, die für viele gläubigen Transatlantiker völlig überzogen wirkten. Trump am 12.November 2016  als glühender Komet mit aufgerissenem Maul im Anflug auf eine winzige grünliche Murmel im Weltall;  Bildlegende „Das Ende der Welt (wie wir sie kennen)“.  Trump am 4. Februar 2017: gesichtslos steht er im Raum mit erhobenen Armen: in der linken Hand ein blutiges Messer, in der rechten das abgeschlagene Haupt der Freiheitsstatue. Legende: „America First“. Trump am 3. Juni 2017: der Erdball als flammende Golfkugel, von Trump triumphierend ins Weltall geschlagen, Legende: „You´re Fired!“ Trump  am 29. Juli 2017: Merkel schiesst ihm einen Fussball ins Gesicht, Legende: „ Die Lage der Nation. Wie wir leben, wie wir denken: Ein Heft über Deutschland. –  4. November 2017 Trumps Profil als riesige Welle in Hokusais Manier gezeichnet, gerade überschwemmt sie die Hauptstadt, nur noch wenige Gebäude stehen: „Washington ein Jahr danach“.  14. Juli 2018: Trump mit Riesenmaul will kleine Merkel verschlingen. Legende: „Zerrüttung. Was es für Deutschland heisst, Donald Trumps Feind zu sein.“ Trump am 14. Dezember 2019: als Gorilla am Empire State Building hängend, mit der Unterschrift „ Yes, he can. Warum Donald Trump einfach mit allem durchkommt“.

2025-03-09T17:39:38+00:0003 '25|Gesichtsrundschau|

3. März 2025 – Der GAU des politischen Dialogs

Niemand im westlichen Biotop politischen Denkens, nicht einmal Carl Schmitt, hätte sich diesen Dialog vom 28. Februar 2025 im Oval Office  unter der Regie Donald Trumps vorstellen können, niemand ausser den Erfindern dieses Drehbuchs. Erfinder, die ihrerseits wahrscheinlich viel Schmitt gelesen haben, um dann Sprechtexte aus dem Geist der Freund-Feind-Doktrin für zwei gewiefte Schauspieler zu schreiben.  Auch ein Chor  (an Medienvertretern) gehörte dazu, wie in der antiken Tragödie.

Die interessierte Öffentlichkeit weiss, dass Wolodimir Selensky jahrelang in einer ukrainischen Fernsehserie als Geschichtslehrer einer korrupten Nation auftrat und dort unfreiwillig zum Präsidenten gewählt wird. „Diener des Volkes“ hiess dann auch die Partei, für die er später in Wirklichkeit kandidierte und gewann. Und für die er seither seine Lebensrolle als aufopfernder Kriegsheld spielt. Mit dem karfreitagsartigen Höhepunkt: als Kriegsherr eines kleinen Landes, das ohne Beistand größerer Verbünde nicht überleben könnte. Einen solchen Verbündeten glaubte er im Amerika des Donald Trump zu finden. Ein Irrtum!  Denn der Feind des Kleinen wurde zum Freund des Verbündeten. Unter den Augen einer erstarrenden Weltöffentlichkeit und unter Vorspiegelung eines gewinnversprechenden „Deals“, wird von Selensky Unterwerfung verlangt.  „Sie können wiederkommen, wenn Sie zum Frieden bereit sind.“  Der Verbündete war plötzlich Freund des Feindes. Wer möchte nicht an den Hitler Stalin Pakt denken?

Dramaturgie des Zynismus, Shakespeare in Reinkultur. Denn auch Mr. Trump hat jahrelang in einer TV Serie posiert: als„Apprentice“ seit 2004 in 15 Folgen, in denen er hauptsächlich Kandidaten auszuwählen rsp. zu feuern hat. Ab 2015  wechselte Trump – wie Selensky  – vom Medienformat ins politische Geschäft, von der Bühne in die Arena.

Wie mochten die beiden Männer sich fühlen, als sie der Welt das Drama einer Unterwerfung vorführten? Der verborgene screenwriter hatte einen Trailer in Kiew vorgeschaltet: Der Kriegsherr sollte einen ungünstigen Vertrag zum Verkauf seiner „Seltenen Erden“ unterschreiben, und erwartbar lehnte er das ab. Man lud ihn ins Quartier des Verbündeten,  angeblich zur Verbesserung des Deals. Aber dem Sprechakt der Zustimmung ging Demütigung voraus. “ Besitzen Sie auch einen Anzug?“,  können Sie sich nicht mal bedanken?“ hin zur rundweg abgeschlagenen Bitte um Beistand. Denn der Feind des Kleinen war inzwischen Großer Freund des  Verbündeten.

 

2025-03-03T17:15:26+00:0003 '25|Gesprächsrundschau|

1. März 2025 – Kunst des Zuhörens?

Das ist der Titel des neuen Buches vom Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen. Zusammen mit dem Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg , Winfried Kretschmann, wird er am 4. April in Heidelberg „den kommunikativen Klimawandel“ diskutieren, berichtet uns heute der Newsletter der Villa Aurora aus Los Angeles. Lauter Namen aus einer seit Wochen urplötzlich völlig verstörten Weltszene. Erst zogen desaströse Waldbrände durch die Stadt des Films und reicher Communities wie Pacific Palisades, dann fuhren die apokalyptischen Reiter, T und M , wüst über das Land. Tausende von Menschen werden soeben überall entlassen, ohne Begründung ausser der offenbar desaströsen ökonomischen Bilanz der Weltmacht USA. 34 Trillionen Dollar Schulden haben die amtlichen Buchhalter erkannt, das ist die weltweit höchste Verschuldung eines Staates. Wie lange kann man Gläubiger beruhigen?  „Zuhören“ ist gewiss keine Tugend in der Welt des Kapitals. „Zusehen“ schon eher.

Der Auftritt des gepeinigten Präsidenten Selensky gestern im Oval Office hat uns alle entsetzt. Niemand weiss, wie es weitergeht. Wieder muss man an Thukydides‘ „Melierdialog“ denken (416 v.Ch.), in diesem Tagebuch schon mehrfach erörtert. Die kleine Insel Melos will mit der Großmacht Athen über ihr Überleben verhandeln, mit Blick auf die verbündete Seemacht Sparta, die aber nicht helfen will. Es besteht also Ungleichheit.

„Die Melier müssen sich von den Athenern jedoch sagen lassen, dass Gleichheit der Kräfte die notwendige Voraussetzung dafür ist, dass unter Menschen das Recht zur Geltung komme. Wo keine Gleichheit der Kräfte gegeben ist, müssen sich die Schwachen dem Willen des Starken fügen, da ihnen ohnehin keine andere Möglichkeit bleibe.“

 

2025-03-01T07:53:47+00:0003 '25|Gesprächsrundschau|

22. Februar 2025 – Schreiende Widersprüche

und nicht etwa ruhige Dialoge in nachdenklichen Parlamenten beherrschen unsere kommunikative Bühne : vielmehr das Gegenteil. Wütende Stimmen, Trillerpfeifen und Plakate im Streik, tobende und teils blutig niedergeschlagene Aufstände, aggressive WahlDuelle zu zweit, zu dritt, zu viert : und das alles vor unseren öffentlich  dröhnenden Massenszenen in Sport , Unterhaltung und Militär.  Und nun also zelebriert Präsident Trump, Chef der bisher mächtigsten Weltnation,  seinen „schreienden Widerspruch“ zur amerikanischen Politik im eigenen Land,  in Europa wie auch im Nahen Osten.  Der  vornehme Fachausdruck dafür heisst „Disruption“. Im Film würde man vom „Schnitt“ sprechen: ein an sich lautloser, aber womöglich dramatischer Umbruch einer Handlung.

Warum applaudieren so viele Menschen so einem Vorgang? Der Historiker Herfried Münkler hat eine plausible Erklärung. Die Idee eines friedlichen, gleichberechtigten, dauerhaften Miteinanders – also Kants „Ewiger Frieden“ – gehört womöglich nicht zur modernen sozialen Ausstattung, nicht zur demokratischen Ergebung in Macht und Geltung von ungefälschten Abstimmungen. Denn wo soll sie überhaupt gelernt werden? Wie können Gesellschaften mit vollkommen hierarchischen Sozialverbänden in Religion, Sport, Medizin und Wissenschaft überhaupt eine demokratische Einstellung pflegen – zu schweigen von der patriarchalischen Verfasstheit der Weltmännergesellschaft?
Morgen, Sonntag den 23. Februar 2025, bitten die Deutschen sich selbst zu Auswahl hoffentlich regierungsfähiger Parteien.  Mächtige Diktatoren aus Russland, China, Türkei, Indien und nun also auch USA warten am Horizont auf männliche Disruption.

2025-02-22T18:37:17+00:0002 '25|Gesprächsrundschau|

18. Februar 2025 – Das Machtwort 2.0, nein: N.Null

Die fabelhafte Übersicht der New York Times über sämtliche Aktivitäten der neuen administration in Washington kennt seit letzten Samstag den ultimativen Satz: “ He who saves his Country does not violate any Law“. Die FAZ hat das heute kommentiert. Victor Loxen unternahm eine rasante Recherche zurück zu den Quellen dieses Größenwahns: natürlich zu Carl Schmitt, zu Oswald Spengler und schliesslich zu Cäsar und zum Cäsarismus . Der schwärzeste Vorfahre dieser Genealogie ist aber mit dem Namen Anders Breivik bezeichnet. Unter dem Kapitel „Because our survival depends on it“ kann man es lesen:“ He who saves his Country violates no law.“ Das Manifest dieses Massenmörders nennt Loxen, ein Student der Politikwissenschaft,  zu Recht einen „zivilisatorischen Abgrund“. Man fragt sich: was kann die demokratische Partei, was kann überhaupt die zivilisierte Welt dem entgegensetzen? Ist es mit der Auflistung aller Schandtaten – ähnlich wie bei der Ukraine Berichterstattung – getan? Natürlich wäre es hilfreich mit Blick auf spätere Prozesse – aber welche Instanz bliebe bei so einem brutalen Angriff auf das schwache Recht überhaupt erhalten?

Rechtsförmig ist unser westliches Dasein durch teils hoch komplizierte Schriftsätze. Cäsaren wie Trump aber kommen vom Kino. Sie wollen keine auf Dauer gestellten, für kommende Generationen bewohnbare Häuser des Rechts, sie suchen blockbuster Marktplätze.  Aus unserem Westen wird schlicht wieder der amerikanische Western:  herrischer Cowboy tritt mit dem Stiefel die Tür auf, hebt zwei Revolver und erschiesst wen auch immer. Kann man ihn im Roman „Die Verdorbenen“ von Michael Köhlmeier wieder erkennen? „Einen Mann töten“, antwortet ein Sohn seinem Romanvater auf dessen Frage, wonach ihm der Sinn stünde.

2025-02-18T14:59:30+00:0002 '25|Gesprächsrundschau|

13.Februar 2025 – Das Machtwort, das Diktat

Darauf konnte man zählen, auf das Erscheinen der Diktatur aus der Hand des Mr. Trump. Wie sieht sie aus? Da ist die Rache für erlittene Lügenschmach.  Da ist die Abschaffung von unerwünschten Begriffen, Ideen und Personen. Da gibt es Missachtung und Streichung von Gesetzen, Steuergeschenke, Benachteiligung der Armen, usw. Die meisten Aktionen erinnern an Hitler: mit dem Marsch auf das Kapitol, mit der Dolchstoßlegende, der pompösen Niederschrift unerhörter Pläne, mit Vertreibung von Millionen Menschen. Wird es auch Tötungen geben?

Dieser Diktator will jedenfalls eine Weltordnung herstellen, mit der Faust auf dem Tisch – und hitlerartig – inszeniert er eine Diktatur des Friedens. Man sieht seine Hand Dekrete unterschreiben, in einer zackigen Bewegung des Füllers auf und ab, als gäbe es in diesem Namen kein rundes O, U, M – also keine tönende Verwandtschaft etwa zur friedlichen Ursilbe OM aus der indischen Sphäre. Mechanisch getippt werden Federstriche, sprich: Anweisungen und Vollzugsberichte auf  Truth Social. Das wahre Diktat performt Trump mündlich und telegen: spricht, telefoniert, vereinbart Treffen mit anderen Diktatoren, bestellt Könige zur Audienz ein, konstatiert Kriegsniederlagen , konfrontiert Verbündete mit Pflichten und Kosten, wie jetzt eben in der Münchener Sicherheitskonferenz.

Uns westlichen Wahrnehmenden wirkt das alles noch ins Zwielicht eines Handelskrieges getaucht. Immer denkt man, es wird doch wohl noch anders kommen als gesagt oder geschrieben. Doch wie lange? Ekelerregend wirkt schon der Befehl an den ukrainischen Präsidenten, die USA mit „Seltenen Erden“ für mililitärische Unterstützungen zu bezahlen. Diesen Präsidenten, der mit seinem Volk ein ganzes Land heldenhaft durch jahrelange Belagerung und massenhafte Todesopfer geführt hat: soll nach wenigen Sätzen in einem miesen Bezahlmodus landen? Wer hat wen rechtlos überfallen, gilt kein Völkerrecht mehr, dürfen NATO und EU einfach so beiseitegewischt werden?

Die schlimmste Zwielichtigkeit gilt aber Israel. Trumps Friedensdiktat für Juden und Palästinenser erscheint manchen als genialer Hieb durch den gordischen Knoten im Nahen Osten. Eine glanzvolle Riviera, ein Luxusresort namens Gaza: warum nicht? Wie lasziv muss man sein, um diese Stätte des Grauens zur Luxuswiese  formatieren zu wollen. Könnten Entscheidungen dieser Art einen Geruch ausströmen, er wäre unerträglich. Wie einst überfüllte Viehwaggons , die mit Bürgern meist deutscher Staatsangehörigkeit in Vernichtungslager fuhren. Wir warten ab, was Amerikaner mit unerwünschten Völkerschaften im Sinn haben.

2025-02-13T18:36:24+00:0002 '25|Gespräch|

10. Februar 2025 – Das Duell Merz-Scholz

Gestern gab es 90 Minuten Duell zwischen Kanzler und Kanzlerkandidat: also im Format des altmodischen, sprachlosen Zweikampfs mit denkbarer Todesfolge. So dramatisch wurde es aber nicht, jedenfalls nicht an der Oberfläche. Die eigentliche gefährliche Situation gab es vor rund zwei Wochen im Bundestag, als Merz seine erschlichene Beschlussfassung zum „Zustrombegrenzungsgesetz“ als Gesetzesvorlage präsentierte. Draussen tobten die Demonstranten, die ihm den Wortbruch („nie mit der AfD“) nicht verzeihen wollten und werden. Auch vorgestern demonstrierten zehntausende überall in der Republik: es war eine einzige Sympathiebekundung für Scholz. Dieser konnte sich stark fühlen wie selten in letzter Zeit;  die Blitzumfragen am späten Abend verrieten die Vorliebe der Frauen für ihn, angeführt von den „Omas gegen Rechts“ und gestützt von Angela Merkels scharfer Kritik an ihrem Parteigenossen.

Nüchterne Wahrnehmung müsste lauten: Weder SPD noch CDU/CSU möchten mit irgendwem koalieren; beide werden mithin vermutlich als Minderheit mit wechselnden Partnern regieren, unter den Argusaugen der extremen parlamentarischen Ränder, die zusammen so viele Sitze haben werden, wie einzeln jede sogenannte Volkspartei. Aber warten wir ab, was die kommenden Duelle mit und zwischen Weidel, Habeck und Lindner bezeugen.

2025-02-10T13:43:33+00:0002 '25|Gesprächsrundschau|

9. Februar 2025 – Handelskriegsgeschrei oder Handelskriegsgeschwätz

Oder Handelskriegsgemurmel? Was der neue Weltherrscher verkündet, regt alle Welt auf, wird abgelehnt und bitter kritisiert. Dann freut er sich offenbar, nimmt alles zurück oder fast alles oder wenigstens alles für eine Zeitlang. Donald Trump bringt einen neuen Akzent in die Dialogpraxis und also auch -forschung. Man merkt plötzlich, dass der seit 2500 Jahren gerühmte menschliche Dialog als krönende Sprach – und Sprechleistung so etwas wie ein prachtvoller Hof der denkenden Weltgemeinde ist oder war, der über wunderbare, aber eben auch erschreckende Schattenkabinette der Sprachlosigkeit verfügt. Dieses Tagebuch hat seit 2020 verzeichnet: Das Duell, mit Übergang in tödliche Körpersprache; den Streit, mit Übergang in die Prügelei oder ins Duell und/oder ewige Feindschaft, die medial organisierte Massendemonstration, mit Übergang in Schlägerei, Verhaftung, Verurteilung, je nach Rechtssystem womöglich Folter und Tötung. Ferner die institutionalisierte Demonstration von Streikenden, mit Übergängen in erfolgreiche Überredung der Machthabenden, aber auch mit Entgleisungen wie etwa im französischen Kampf der Gewalten mit den „Gelbwesten“.

Neuerdings gibt es zum traditionell regulierten Duell das furchtbare Schattenbild des Attentats: einzelne oder verbündete Menschen, die andere Menschen mit unterschiedlichen Waffen unversehens ermorden, gleich welcher Art und wie wehrlos auch immer diese Menschen sind. Die eigentlichen Gegner sind dann meist Religionen oder Ideologien in dramatischer körpersprachlicher Asymmetrie.

Die Forschung hat sich darauf unwissentlich vorbereitet, indem sie Begriffe wie „Interaktion“ oder „Kommunikation“ einführte und den menschlichen Dialog darunter subsumierte. Beides konnte nämlich auch technische Akteure beschreiben, wie etwa in der Radio- und Telefontechnik und schliesslich im Internet. In den 1960er Jahren erfanden Soziologen sogar den Terminus „Konversationsmaschine“ (Helmut Plessner), um den alltäglichen small talk von Nachbarn oder Freunden oder Kollegen zu beschreiben. Nur diese Maschine, meinte man damals, könne den Menschen ein Realitätsbewußtsein verschaffen, weil im Moment des dialogischen Austauschs auch das Hier und Jetzt der Existenz bekräftigt würde. In diese metaphorische Lücke sprang dann 2004  Mark Zuckerberg mit der Erfindung von Facebook. Damit verschob sich der soziale Austausch auf eine visuelle Ebene mit unvorstellbaren Konsequenzen. Mehr dazu folgt.

 

 

 

 

 

 

2025-02-10T13:10:48+00:0002 '25|Gesprächsrundschau|

26. Januar 2025 – Bischöfin Mariann Budde

„Im  Namen Gottes bitte ich Sie, sich der Menschen in diesem Land zu erbarmen, die jetzt Angst haben“: Welcher Mut, welcher Heldenmut hat  Mariann Budde letzten Dienstag zu ihrer Rede an Donald Trump geführt. Dicht vor ihr saß er mit seiner bitter blickenden Frau im obligaten Gottesdienst am ersten Tag nach der Amtsübergabe und musste sich ins Gesicht sagen lassen: dass die amtierende Bischöfin von Washington seit 2011 ihn um Gnade für die verhassten Einwanderer bat. Gnade für die „sans papiers“, die noch am selben Tag und seither immer öfter in ganz Amerika aufgestöbert, aus ihrem Leben gerissen und in Militärflieger gesetzt werden. Offenbar weiss man, welche Länder für sie zuständig wären. Wurden Abkommen getroffen? Wird Mexiko unter der neuen Präsidentin Sheinbaum endlich den Drogenhandel unterbinden? Gnade ist Teil der christlichen Botschaft, “Vergebung der Schuld“ ein Wort  aus dem Vaterunser. Welchem Christentum hat sich Donald Trump verschrieben?  Was aus Mariann Budde wird, sollte man aufmerksam verfolgen

2025-01-26T11:17:10+00:0001 '25|Gesprächsrundschau|

21.Januar 2025 – Der Weltlöwe brüllt

denn kein verkniffener Mafioso sprach gestern im Kapitol, es brüllte vielmehr der Weltlöwe – so sah ihn jedenfalls das SPIEGEL Cover mit der leoninen Maske, dem Löwen unter cäsarischem Lorbeer. Triebhafte und archaische Herrschergeschichte.  Die Titelstory handelte dann vom bitteren Feind Elon Musks, nämlich Steve Bannon: der als ältester Bannerträger der MAGA Ideologie posiert und fast alles begrüßt, was die demokratischen Strukturen zu Fall bringen kann. Über acht Millionen illegale Einwanderer stören die „Bioamerikaner“, dabei sind sie ihnen so dienlich wie  die importierten Sklaven von einst. Wer könnte deren Arbeit verrichten, deren Sozialabgaben zahlen, wenn sie verschwänden? Mario Guzmann berechnete am 12. Januar in der WELT, wie teuer jede Deportation die US Bürger zu stehen käme, wie viele Steuern die Illegalen erbringen für soziale Leistungen, die sie selber nie beanspruchen dürften, usw. Gestern abend beurteilte dann Adrian Daub im Deutschlandfunk die markerschütternde Programmrede aus Washington sogar als Fanal im Geschlechterkampf, als dröhnende Selbststilisierung von Männern. Der ganze Auftritt ähnelte aber dem Amtsantritt von Rodrigo Duterte auf den katholischen Philippinen. Dieser Präsident endete schliesslich als oberster Mörder ohne Lizenz.

2025-01-21T11:20:12+00:0001 '25|Gesprächsrundschau|
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