Niemand im westlichen Biotop politischen Denkens, nicht einmal Carl Schmitt, hätte sich diesen Dialog vom 28. Februar 2025 im Oval Office  unter der Regie Donald Trumps vorstellen können, niemand ausser den Erfindern dieses Drehbuchs. Erfinder, die ihrerseits wahrscheinlich viel Schmitt gelesen haben, um dann Sprechtexte aus dem Geist der Freund-Feind-Doktrin für zwei gewiefte Schauspieler zu schreiben.  Auch ein Chor  (an Medienvertretern) gehörte dazu, wie in der antiken Tragödie.

Die interessierte Öffentlichkeit weiss, dass Wolodimir Selensky jahrelang in einer ukrainischen Fernsehserie als Geschichtslehrer einer korrupten Nation auftrat und dort unfreiwillig zum Präsidenten gewählt wird. „Diener des Volkes“ hiess dann auch die Partei, für die er später in Wirklichkeit kandidierte und gewann. Und für die er seither seine Lebensrolle als aufopfernder Kriegsheld spielt. Mit dem karfreitagsartigen Höhepunkt: als Kriegsherr eines kleinen Landes, das ohne Beistand größerer Verbünde nicht überleben könnte. Einen solchen Verbündeten glaubte er im Amerika des Donald Trump zu finden. Ein Irrtum!  Denn der Feind des Kleinen wurde zum Freund des Verbündeten. Unter den Augen einer erstarrenden Weltöffentlichkeit und unter Vorspiegelung eines gewinnversprechenden „Deals“, wird von Selensky Unterwerfung verlangt.  „Sie können wiederkommen, wenn Sie zum Frieden bereit sind.“  Der Verbündete war plötzlich Freund des Feindes. Wer möchte nicht an den Hitler Stalin Pakt denken?

Dramaturgie des Zynismus, Shakespeare in Reinkultur. Denn auch Mr. Trump hat jahrelang in einer TV Serie posiert: als„Apprentice“ seit 2004 in 15 Folgen, in denen er hauptsächlich Kandidaten auszuwählen rsp. zu feuern hat. Ab 2015  wechselte Trump – wie Selensky  – vom Medienformat ins politische Geschäft, von der Bühne in die Arena.

Wie mochten die beiden Männer sich fühlen, als sie der Welt das Drama einer Unterwerfung vorführten? Der verborgene screenwriter hatte einen Trailer in Kiew vorgeschaltet: Der Kriegsherr sollte einen ungünstigen Vertrag zum Verkauf seiner „Seltenen Erden“ unterschreiben, und erwartbar lehnte er das ab. Man lud ihn ins Quartier des Verbündeten,  angeblich zur Verbesserung des Deals. Aber dem Sprechakt der Zustimmung ging Demütigung voraus. “ Besitzen Sie auch einen Anzug?“,  können Sie sich nicht mal bedanken?“ hin zur rundweg abgeschlagenen Bitte um Beistand. Denn der Feind des Kleinen war inzwischen Großer Freund des  Verbündeten.