Gesprächsrundschau

20.Juni 2025 – Reden.Lügen.Schiessen.

und sterben lassen: so stellt sich Männer-Aussenpolitik Stand heute dar. Kaum anders die Innenpolitik: männliche Aktivitäten in Kindesmissbrauch und Femizid sind auf dem Vormarsch. Und sei es nur dank ihrer gesteigerten Wahrnehmung kraft KI. Wie soll es weitergehen?  Gestern erst pflanzte der US Präsident zwei Fahnenmasten für die von ihm soeben erschaffene Nation, Stämme von 27 m Höhe vor dem Weissen Haus, für 50tausend Dollar aus der eigenen Tasche. Er salutierte als Einziger.

Die neue Ausgabe der ZEIT übt sich im Übergang. Sie fragt nach Netanjahu: „Was treibt diesen Mann?“und lässt Eva Illouz antworten: egomane Zerstörungssucht nach innen und aussen. Wenn der neue Krieg gegen Iran mit einem Sieg enden sollte, bliebe zurück eine zerbrochene Nation; aussen vielleicht im Bündnis mit arabischen Nachbarn, innen aber mit frommen und daher wehrlosen Siedlern, und ohne ausreichend Fachkräfte, weil diese seit Jahren auswandern.

Wie einleuchtend antwortet aber die iranische Filmproduzentin Minu Barati. Internationale Gruppen iranischstämmiger Fachleute im Ausland, schreibt sie,  arbeiten seit Jahren mit Oppositonellen im Iran zusammen, um eine PostMullah Zukunft zu planen. Technisch, ökonomisch und juristisch.  „Auch und weil [diese Zukunft] gerade von den USA und Israel mitgestaltet wird. Zwei Ländern, deren Führung keinerlei moralischen Kompass mehr besitzt.“

2025-06-20T12:28:26+00:0006 '25|Gesprächsrundschau|

8. Juni 2025 – Streit 2.0

das Zerwürfnis von Elon Musk und Donald Trump geht nicht nur weiter sondern treibt ungeheure Blüten im Echo der Medien. Die FAZ von gestern glitzert in jeder einzelnen Redaktion. Seite 1:
Trump: Musk hat den Verstand verloren“ und „Der mit dem Trump tanzt“ und „Auf wen sollen die Republikaner nun hören?“ – Seite 19: „Der rasende Herkules“ (über Musk) „Schmutzige Scheidung“ und „In Feindschaft verbunden“ (Die Weltraumforschung); Seite 27 „Tesla-Aktie nun ohne Trump-Bonus„. Den Gipfel erreicht Jürgen Kaubes Kommentar auf Seite 9 des Feuilletons. Sichtlich begeistert beschreibt er das Drama zwischen den beiden Männern als Komödie. „Zwei Männer halten sich jeweils für Gott, schließen sich zusammen und halten sich nach einigem Hin und Her wie in einem gnostischen Mythos wechselseitig für den Teufel oder mindestens für geisteskrank“.

Gleichzeitig erreicht der DAX ungeahnte Höhen, gleichzeitig gelingt der Ukraine ein geheimdienstlicher Heldenstreich mit der Zerstörung von vierzig Flugzeugen der russischen Luftwaffe durch Drohnen, die in monatelanger undercover- Arbeit zum Standort gebracht wurden, gleichzeitig schickt Israel Raketen nach Libanon und Syrien, usw. usf.

Gleichzeitig beginnt die neue deutsche Regierung, ermuntert vom guten Empfang durch Mr. Trump, mit harten Abweisungen von Flüchtlingsfamilien,  Aufhebung von Fahrradwegen, Deregulierungen wie versprochen. Und mit Streit in der neuen Koalition, die ja eigentlich die älteste deutsche demokratische Regierungsform genannt werden kann. Es ist diese Synchronizität widerstreitender Gefühle, die Eva Illouz in ihrem neuen Buch „Explosive Moderne“ beschreibt: Explosiv, weil diese Gefühle durch widersprüchliche soziale Institutionen erzeugt werden und in kriegerische Entladung münden müssen, mindestens in neue Diktaturen. Auf keine Nation trifft diese Entwicklung so genau zu wie auf Israel und die USA.

2025-06-08T09:06:26+00:0006 '25|Gesprächsrundschau|

6. Juni 2025 – Der Streit

zwischen Trump und Musk, auf den wir alle gewartet haben, ist endlich eingetreten. Man kann neugierig sein, wie er weitergeht. Er spielt eine Etage höher als der Ampelstreit bei uns, und in einer Weltnation, mit entsprechenden Folgen.

Warum wurde und wird „Streit“ eigentlich seit Jahren als Markenzeichen der Demokratie ausgegeben und kultiviert, möchte man wissen. Einen historischen Grund gibt es in Gestalt von Carl Schmitt. Im Pamphlet „Politische Romantik“ von 1919 erklärte er die deutsche Liebe zum „Gespräch“ als obsolet : Friedrich Schlegel, Novalis, Adam Müller hiessen die offenbar verheerend friedliebenden Denker. Dagegen der mannhafte Schmitt, mit hitlernahen Freund-Feind-Gedanken, in Europa zuletzt von der Politologin Chantal Mouffe kultiviert.

Die romantische Position dachte hierzulande Habermas weiter. Seine „Theorie des kommunikativen Handelns“ wollte nicht Kriegstüchtigkeit erreichen sondern  argument- und regelbasierte Entscheidungen zum Besten aller.  Die Situation einer persönlichen Brüderfeindschaft in höchster Weltstellung konnte sich 1981 niemand vorstellen – obgleich es sie damals schon gab: in Gestalt des kalten Krieges. Nun gibt es weltweit heisse Kriege zu Land und Meer  mit unzähligen Toten und neuerdings einen heissen Bürgerkrieg im Element des Geldes.

2025-06-06T10:06:30+00:0006 '25|Gesprächsrundschau|

1. Juni 2025 – Ex Cathedra sprechen

war früher eine Formel für Lehrer, dann auch Bischöfe und schliesslich für den Papst – und bedeutete: hier hat jemand das letztverbindliche, anzuerkennende Wort. Und zwar das Wort, welches zur erwünschten Handlung führt.  So ist nicht nur das Christentum, so sind sämtliche Religionen organisiert, um eine letzte Instanz herum, meist eine männliche, den Häuptling, oder wie man in USA neuerdings sagt: den Sheriff. Mit der neuzeitlichen Aufwertung der Wissenschaft ging diese Autorität mehr und mehr an die Universitäten und insbesondere an die Grundlagenforschung. Religiöse Weltdeutungen verloren Anerkennung, auch wenn die Priesterkaste der Schriftreligionen deren Texte für die Kirche erhalten wollen. Alte Gedanken können eben auch veralten.

Seit Wochen versucht der USA-Sheriff nicht nur alte Sätze der eigenen Verfassung zum Sprechen, sondern auch Sätze der Wissenschaft zum Schweigen zu bringen und damit die weltwissenschaftliche Autorität – das Sprechen und Denken ex cathedra vor allem aus der Universität Harvard, aber auch anderen akademischen Zentren . Der „common sense“, in dessen Namen Trump angetreten ist, soll wohl die Krone des Wissens bleiben. Es gibt nur zwei Geschlechter, hiess es in Trumps Einführungsrede, und es gibt eben „gesunden Menschenverstand“. Der wiederum verbietet eine Menge von Sätzen. Und viele von diesen Sätzen werden von der Kirche bisher ex cathedra beglaubigt.

Mr. Trump will sein Volk wohl zum kirchlichen Wort zurückführen: Die Kirchenoberen danken es ihm. Womöglich dankten sie ihm schon mit der Wahl des neuen amerikanischen Papstes Leo XIV? Danken werden dem Präsidenten jedenfalls auch die Herrschenden aus Israel, denn Trump begründet seine Zerstörung der Wissenschaft nicht nur mit Angriffen auf die Idee von Diversität, sondern auch mit angeblich antisemitischen Umtrieben an dieser und anderen US Universitäten.

Seit gestern gibt es nun eine Anweisung an US Botschaften, ab sofort keine Visa an internationale Studierende mehr zu erteilen, weil man deren social media auf unerlaubte Inhalte untersuchen wolle. Ist das rechtlich möglich? Hat das Recht im amerikanischen Denken überhaupt noch Autorität? Oder lernen wir eine neue tribale Organisation kennen?

2025-06-01T20:06:14+00:0006 '25|Gesprächsrundschau|

20. Mai 2025 – Die Umarmung

des Papstes durch den Bruder im Vatikan, entgegen allem Comment, disruptiv , wie man heute sagt: was für eine Geste! Man erkennt, dass der Dialog eine strukturelle Gratwanderung zwischen Himmel und Hölle ist: Hölle des Krieges, Himmel der Vereinigung, beidseitig verstummen die SprecherInnen, lassen stattdessen entweder Waffen oder immer leichtere Körper „sprechen“. Platons Parabel aus dem Dialog Phaidros , die Erzählung vom Wagenlenker mit den zwei Pferden – das eine strebt himmelwärts, das andere zum irdischen Schlamassel – kommt sofort in den Sinn der Bildungsbürger. Und zu eben diesen spricht die Umarmung, als  Geste zweier Brüder im Lande der fratelli d’italia. Unter dem Regime einer Frau namens Giorgia Meloni. Bruderschaft ist die geheime Devise auch aus den USA: BRO gilt dort als Regime-Signatur, unterweltliche Brothers spielen gerade die Hauptrolle im Drama der Disruption mit und durch Trump und Musk und Zuckerberg etc.  Wissen muss man, dass der umarmende Bruder ein Anhänger Trumps ist, wissen muss man, dass die Mafia ein italienisches Import-Export Unternehmen in Amerika ist und war, wissen muss man, dass Leo XIV. Frieden stiften will zwischen den Präsidenten Putin und Trump. Es könnte ein Frieden nicht zuletzt zwischen der Ost – und der Westkirche werden! Nur fromme Bürger können das wirklich ermessen . Was für eine Umarmung!

 

 

 

2025-05-20T10:20:43+00:0005 '25|Gesprächsrundschau|

17. Mai 2025 – Weiter Schach spielen

will der russische Präsident Putin erklärtermassen. Das politisch zuverlässigste deutschsprachige Medium asu der Schweiz namens journal 21, verfasst von welterfahrenen Journalisten , beschreibt den Stand der Dinge heute so:

Präsident Putin war es, der in der Nacht zum vergangenen Sonntag direkte ukrainisch-russische Gespräche in Istanbul vorgeschlagen hatte. Er liess jedoch offen, ob er selbst an den Bosporus reist. Der ukrainische Präsident Selenskyj sagte daraufhin, er werde nach Istanbul fahren und auf Putin warten. Das tat er, doch Putin kam nicht. Westliche Beobachter werten dies als «kleinen Sieg» Selenskyjs. Er habe damit – im Gegensatz zu Putin – gezeigt, dass er den Frieden wolle. Nachdem der Kreml-Chef nicht gekommen war, reiste Selenskyj wieder ab. Donald Trump sagte daraufhin, es werde sich nichts bewegen, solange er sich nicht mit Putin treffe.

Türkische Mediatoren schlugen daraufhin einen Austausch von Gefangenen vor, man einigte sich auf tausend Menschen. Immerhin, wenigstens eine Geste.

2025-05-17T12:25:37+00:0005 '25|Gesprächsrundschau|

14. Mai 2025 – Tödliche Dialoge

muss die Ukraine, muss der ukrainische Präsident Selenskyi über sich ergehen lassen. Zuletzt am 3. März mit Trump in Washington, nun, am 15. Mai angeblich in Istanbul. Warten will er hier auf den russischen Präsidenten Putin für ein entscheidendes „Gespräch“ über Frieden oder wenigstens Waffenpause in dieser blutrünstigen Auseinandersetzung um Rohstoffe und Rechtsförmigkeit. Zufällig findet sich auch Mr. Trump in der Nähe und will wohl als Friedensstifter dabei sein? Selbstsicher wie nie nach seinem soeben erfolgreichen Deal über eine halbe Milliarde Dollar Rüstungsverkäufe an Saudi Arabien. Gilt es dem Krieg gegen die Hamas? Sind es Investitionen in eine Gaza-Riviera des Orients?

Was tut man nicht alles, um ein Handelsdefizit zu beseitigen und sich gleichzeitig als Friedensstifter in die NobelpreisShortlist einzutragen. Deals sind im Horizont der dialogischen Menschennatur  unblutige Vereinbarungen,  schriftlich fixierbar in einer unsterblichen Kulturtechnik. Alles, was dann womöglich kriegstüchtig daraus folgt, gehört zum Kapitel der „sprechenden Waffen“ . Auch das Erheben von Zöllen gehört dazu. Nicht vergessen haben wir aber die frühen Ängste der Erfinder von ChatGPT, wonach dessen Kriegstüchtigkeit zu unkontrollierbaren, weil übereilten Aktivitäten  führen könnte. Widerlegt wurden die Ängste bisher nicht. Stattdessen räsonieren große und kleine Mächte (auch in Europa!)  soeben über neue Atompläne. Hat Donald Trump wirklich die letzte Kontrolle über Atomwaffen?

2025-05-14T14:10:40+00:0005 '25|Gesprächsrundschau|

6. Mai 2025 – Die Abstimmung: ist ein Sprechakt

und zwar ein Sprechakt erster Sorte, wenn auch stimmlos. Das Einwerfen eines ausgefüllten Wahlzettels gilt bei demokratischen Gesellschaften als „Stimm“-Abgabe, und dieser Akt, diese angekreuzten stimmlosen „Ja“ oder „Nein“ gelten als vollzogene Handlung. Es sind Antworten auf eine Frage, gehören also zu jenen Sprechakten, die nicht erst durch einen Vollzug vom Hörenden Geltung erlangen wie etwa ein Befehl, der sich verweigern lässt, sie gelten vielmehr per se bereits als solche. Vergleichbar etwa dem Segen Gottes oder einer pointierten Schlagzeile im Journalismus.
Wir erleben in Berlin gerade eine denkwürdige Abstimmung. Der lange angekündigte Friedrich Merz hat seine Wahl mit 316 Stimmen zunächst verloren, sechs Stimmen fehlten ihm. Unerhört in der Geschichte der Bundesrepublik. Nach eiligen Beratungen entschied man, eine vom Grundgesetz gedeckte zweite Wahl vorzuziehen. Sie gelang, und siehe, es gab nun 325  Ja-Stimmen. Welche unzufriedenen Abgeordneten hatten sich nun anders entschieden? Vermutlich Mitglieder der Regierungsparteien.

2025-05-06T18:31:08+00:0005 '25|Gesprächsrundschau|

26. April 2025 – Urbi et Orbi

Nur das abendländische Christentum hat so einen Segen für alle Welt, so einen Dialog des einen Gottes mit Stadt und Land, für 1,4 Milliarden Menschen unterschiedlichster Existenz. Annette Schavan, die ehemalige Vatikan Botschafterin unter Angela Merkel, sagte: das Weltchristentum ist die einzige Instanz gegen nationalistische Exaltationen. Alle 1,4 Milliarden glauben an denselben dreieinigen Gott, so unbegreiflich dieser auch ist, daher oft auch noch lieber an seine Mutter Maria, aber jedenfalls an den Sohn, seine Leiden, sein gewissliches Sterben und etwas ungewisses Auferstehen. Selbst eine so aufgeklärte Schriftstellerin wie Sibylle Lewitscharoff war sicher, dass es statt Nachtod eine irgendwie überraschende Reinkarnation geben werde.

Das alles dachte man noch vor sechs Tagen, als der argentinische Papst Franziskus mit letzter Kraft den Segen in alle Welt sprach und über den vieltausend Anhängern auf der Piazza aussendete. Einen Tag später war er selber tot, und die gigantische Ritualmaschine des Weltchristentums setzte sich in Bewegung. Der Papst wurde aufgebahrt, die Gläubigen konnten sekundenschnelle Blicke auf das Totengesicht werfen, und heute, sechs Tage nach dem Segen, und nach der letzten Messe, wurde der Leichnam im einfachen Holzsarg in die Lieblingskirche  Santa Maria Maggiore  geleitet und dort beigesetzt.

Währenddessen fanden Gespräche zwischen Politikern statt, eine Begegnung zwischen Trump und Selenskyj, ein Selfie von J.D. Vance mit Sohn in der Sixtinischen Kapelle, und die vorgeschriebenen Massnahmen zum Konklave, dem ultimativen Abstimmungsritual zur Bestimmung des Nachfolgers.  Der englische Hof hätte nichts besser machen können.

2025-04-26T14:36:05+00:0004 '25|Gesprächsrundschau|

17. April 2025 – Die Abrechnung

Gestern lief im 3sat TV zur besten Sendezeit der Film über den Cum/Ex Skandal, unter dem Titel „Systemfehler“. Mit den Begriffen Börsenhandel und Steuermoral erscheint noch eine weitere Hauptschlagader unserer dialogischen Verfassung aus Rede und Antwort, Befehl und Gehorsam, Anweisung und Durchführung. Sie funktioniert , weil und solange es eine Rechts-Sprechung gibt. Verhandelt wird bei Cum/Ex Handel also ein Ding zwischen diplomatischem Verkehr, Besitzanspruch  und Rechtswesen, die alle drei so widerrechtlich, unmoralisch und bösartig verwendbar sind wie jede technische Errungenschaft.

Der Titel erscheint bei Google übrigens markant als Titel eines alten Musicals von 2013 – „Systemfehler – Wenn Inge tanzt“: es war eine Posse über die Ökologen im Lande. Nur wer genau hinsieht findet die aktuelle, womöglich tragische Version von gestern: die Selbstbehauptung des Rechtsstaates. Zwei Frauen haben diese Lawine ins Rollen gebracht; 2024 hat der BGH die Urteile bestätigt, wonach es überhaupt keine „Gesetzeslücke“ gab, welche den Raub am Steuerzahler ermöglicht hätte. 17 Anklagen wurden inzwischen erhoben, jede betrifft Millionen, wenn nicht Milliarden Euro Räuberschulden. Gerade wird für die kommenden Prozesse ein Erweiterungsbau der Staatsanwaltschaft in Köln gebaut. Dieser Akt erinnert an das Mark der deutschen Geschichte.

2025-04-23T13:23:09+00:0004 '25|Gesprächsrundschau|
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