Schon öfter war hier die Rede von Schweizer Gesichtern. Kein Zufall, stammt doch der eindrücklichste Autor zu diesem „unterhaltsamen“ Gebiet aus Zürich. Johann Kaspar Lavater, der Zeitgenosse und glühende Verehrer von Goethe, schrieb tausende von Sätzen über faziale Menschenkenntnis , als Pfarrer geradezu Gesichts-Seelsorger im doppelten Sinn. Eine helvetische Spezialität im 21n Jahrhundert war dann wieder der Streit um die Burka, nirgends heftiger als hier, wo die wenigsten Burkaträgerinnen leben.
Nach einer Doku gestern im 3sat Programm steht fest: dem Gesicht geht es in der Schweiz so gut wie nirgends. Denn pünktlich zum Abbruch der EU Verhandlungen am 26. Mai lief ein Werbefilm für die schweizerische kosmetische Medizin. Eine einschlägige Praxis mit freundlichen Ärzten war Schauplatz für zwei ältere Schweizerinnen. Die eine wollte ihr Doppelkinn, die andere ihr hängendes Lid verbessern. Alles lief nach Plan. Die Eingriffe wurden ziemlich echt, mit Schnitten und Blut gezeigt – dann aber auch die große Freude danach. Beide Frauen waren überglücklich, wie vom Arzt versprochen.
Zwecks Doku Format wurden ein paar Zahlen beiläufig eingeblendet: etwa 90tausend OPs jährlich werden in der Schweiz durchgeführt; meistens an Frauen, meistens am Brustumfang. 12500 SF kostet momentan allein ein unteres Facelift. Aber wieviel Geld wird mit Botox verdient? Doku-kompatibel durfte zwischendurch eine ältere, unverschönte Ethikprofessorin öfter nach dem Sinn dieser Altersvermeidung fragen. Eindrucksvoll eine jüngere, hübsche Frau, die eine Botox-Behandlung ablehnte, weil sie mimisch lebendig bleiben wollte. Was folgt daraus? Vergessen wir nicht, im Berufsleben arbeitet schon eine Gefühlserkennungsmaschine – siehe den letzten Eintrag.