Im kommenden Monat, am 10. November um 19 Uhr 15, wird an der Berliner Humboldt Universität eine Ringvorlesung unter dem Titel “ Nach der Stimme“ eröffnet, von Thomas Macho, dem Direktor des Wiener Instituts für Kulturwissenschaft. Die Stimme ist in Gefahr, und es wird wohl ein Abgesang: „Ihre einzigartige Prosodie, ihre spontane, ephemere und brüchige Performanz erzeugen eine Nähe und Intimität, mit denen selbst das Gesicht nicht mithalten kann.“

Wir fürchten mit. Denn die Transformation der Biomasse Mensch geht eben weiter, unaufhaltsam, während das Original sich zunehmend kriegerisch zerstört, seis durch Krieg, Seuchen, Hunger oder Misswirtschaft. So jedenfalls wirkt es heute: Putin beschiesst immer wahlloser alles Ukrainische, inzwischen auch mit iranischen Drohnen. Denn Iran ist der Freund Putins, hat mit ihm Syrien unterjocht und mit dem Bau von Atombomben begonnen, um Israel auszulöschen. Die Verhandlungen mit der Atombehörde aus Wien stecken fest.
Aber es entsteht soeben eine Revolution im uralten Persien. Begonnen als Protest gegen den Tod einer jungen Frau, die das Kopftuch angeblich falsch trug und dafür im Gefängnis starb. Mit rasender Geschwindigkeit breiten sich Aufstände aus, und man sieht: Kein Palast, keine Kongresshalle, kein Parlamentssitz vertritt noch bürgerliche Interessen, weltweit ist es die Strasse. Doch sind es vor- oder nachbürgerliche Interessen, mehr nicht, denn weltweit liefern sich Menschen auf diesen Strassen der technischen Gesichtskontrolle aus, mit anschliessender Festnahme und Vernichtung.

Die Entmenschung des Gesichts zum Objekt der Registrierung und , im Gegenzug, der vorsorglichen Fälschung, sei sie kosmetisch oder chirurgisch oder beides, hat in den letzten Jahren die Stimme als organisch naturbelassenen Ersatz zu ungeahnter Beliebtheit gebracht. Die ersten podcasts wurden mit tosendem Beifall quittiert, inzwischen zerstören sie den Rundfunk, da podcasts zeitversetzt und isoliert hörbar werden. Zudem erlauben sie jedem Privatmenschen eigene Produktionen, ähnlich wie in der Musik-oder Videoszene, die ihre inzwischen gern getürkten Zuckungen vorführen. Aber die authentische Stimme, der immer schon gehegte Gesichtsersatz: womöglich verstummt sie demnächst ebenfalls?