Laut bis dröhnend sind die Importe aus USA fast seit jeher. Unsere Eltern oder Großeltern erlebten entsetzt ein Theaterstück wie „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ (1962) von Edward Albee, 1966 als Film mit Elizabeth Taylor und Richard Burton – wie konnten sich zivilisierte Menschen derart in Hass reden. Die Kehrseite, das verrückte einander-anschweigen, hatte diese Generation schon vorher bei Samuel Beckett erlebt: war Sprache überhaupt noch zu retten?

Und erst recht heute: Nicht nur die dauernde Ferngesprächslage der Handykultur, sondern auch die Einbettung aller Äußerungen in Fadenkreuze von wütend emotionaler Zu- oder Abneigung, Teilung oder Löschung, Verrat oder Geheimhaltung, Anonymität oder Authentizität entscheiden über das gegenwärtige Mitteilungsverhalten von Mensch zu Mensch. Hass hat sich breit gemacht, Unflätigkeit kursiert massenhaft, alles wird denkbar wegen massenhafter Verkleidung und abgründiger Umsturzpläne. Was tritt hier zutage?

Erinnern wir uns: Schon vor 1900 spülte die sogenannte „Neue Musik“ unaufhaltsam einen riesigen Kontinent an Dissonanzen und Explosionen ins öffentliche Bewusstsein; eine zerrissene Landschaft, die bis heute nur qualvoll vernommen oder besucht wird. Gäbe es nicht eine weltweite Tradition der klassischen Harmonielehre, eine weltweite Instrumental- und Gesangskultur, eine Freude am Tanz schlechthin – wir wüssten wahrscheinlich nichts von lustvoller leibsozialer Interaktion beider Geschlechter. Als John Cage 1952 sein Meisterstück 4:33 zur Aufführung brachte, hatte ein philosophischer Kapitän im Narrenkleid das Ruder herumgeworfen. Nicht sprechen, sondern zuhören, lauschen, wäre vielleicht die Rettung.