Auch im Dezember wird am Gesicht wieder an allen möglichen Fronten gearbeitet, künstlerisch, technisch, medizinisch, ökonomisch, usw. Um nur etwas aus Kunstszene zu berichten: Da ist das neue Buch des Fotografen Abé Frajndlich, der hundert Porträts von Kollegen aus den letzten 30 Jahren arrangiert hat, erschienen bei Schirmer/Mosel in München. Da ist die neue Ausstellung des israelischen Bildhauers Gil Shachar (*1965) im Stadtmuseum Siegburg, „Das geheime Leben der Skulpturen“ heißt sie und zeigt Wachsabgüsse von lebenden Personen, die anschließend koloriert werden und zum Teil völlig naturalistisch aussehen. Es sind Gegenstücke zu Gunter von Hagens Körperwelten, kommen sozusagen von der andern Seite des Tunnels, nämlich der

Mimesis anstelle der Plastination. Die Augen dieser Figuren bleiben geschlossen, so wahrt das Kunstwerk seine Distanz als künstliche Schöpfung; und dennoch, mit der Erinnerung an den Golem aus jüdischer Tradition, vermitteln sie auch eine Ahnung von einem möglichen, erschreckenden, ungeheuren Umschlag ins Leben.

Wiederum eine andere Obsession wird aus New York berichtet (FAZ 20.12.2011): hier versucht der Künstler Jason Polan seit 2008 sämtliche New Yorker zu zeichnen! Angeblich hat er schon 16tausend skizziert, alle namenlos, aber mit Datum, und also eine Art Gegenstück zu der halben Milliarde von Individualporträts, die sich inzwischen bei Facebook versammelt haben.

Am anrührendsten aber ist die Nachricht aus Japan. Hier hat eine Familie von Puppenmachern begonnen, den Hinterbliebenen von Tsunamiopfern kleine Figuren zu fertigen, die das Gesicht der Toten tragen. „Ähnlichkeitspuppen“, ein Liebesdienst aus dem Ort Iwatsuki, für alle umsonst zu haben.