Seitdem ich dieses Tagebuch führe, folge ich eher unfreiwillig der postmodernen Theorie des französischen Philosophen Jean-Francois Lyotard. Aber erst heute habe ich das Motto von Alexander Kluge aufgegeben, wonach ein Wortwechsel zwischen Sprechenden und Hörenden, eine Art Musik sei. Also Harmonie. Genauso hat es die Geschichte der Konversation überliefert, und als harmonischen Austausch hat zuletzt 1981 mit großer Autorität Jürgen Habermas die Gesprächskultur als „Theorie der Kommunikation“ betrachtet. Und zwar als normativ geregelte Kommunikation, die Wahrheit, Logik , Sinnhaftigkeit und Plausibilität von geäusserten Sätzen anerkennt oder eben nicht.

Dass gerade heute, mitten im Kampf um die Ukraine, der greise Jürgen Habermas erneut auf Kommunikation statt Krieg setzt und damit auf friedliche Mittel der Konfliktlösung, kann nicht verwundern. Er steht in einer langen, antiken Tradition vom Nutzen der Sprache zur Erkenntnis, und zwar zur gemeinschaftlichen Erkenntnis. Viele Menschen teilen diese Meinung auch heute noch, und daher soll es am heutigen Abend auch in New York zu einer entsprechenden Resolution der UNO kommen: „Vom Kriegsherrn Putin wird Frieden verlangt“. Dieser Satz soll nicht als „Sprachspiel“ verstanden werden, auch wenn es zu Widerspruch kommen sollte.