lautete um 1800 der Slogan aus Rousseaus Gesellschaftskritik, der Mitte des 18. Jahrhunderts die menschliche Zivilisation abschaffen wollte, sofern sie gegen die Grundwerte von Freiheit, Gleichheit und Authentizität verstiess. „Natürlichkeit“ wurde zum Idol deutscher Romantik und aller Gegner technoider oder verkrampft höfischer Attitüden. So auch in der Jetztzeit, kein Wunder, aus weiblicher Ecke. Im Mai schrieb die FAS im Wirtschaftsteil:
„Der ‚No Make-up Look‚ macht Schule. Eine Revolution in der Beauty Branche bahnt sich an. Der Siegeszug der Mascara scheint gebrochen. Wimperntusche galt jahrzehntelang als unschlagbarer Topseller für die Konzerne. Ein ungeschriebenes Gesetz in der Kosmetik besagte: Alles kann man weglassen, wenn die Zeit knapp ist, Make up, Puder, Rouge, Lippenstift, nur die Mascara nicht. Ohne sie verlässt man nicht das Haus.“
Der Artikel handelte von der globalen Bewirtschaftung einer winzigen Nacktfläche des weiblichen Körpers; winzig im Verhältnis zum ganzen, aber natürlich riesig angesichts der Ausbeutungsmöglichkeiten in sämtlichen visuellen Medien seit Erfindung der Malerei – nicht zu vergessen im ganz realen Konkurrenzkampf der Körper auf dem Markt der Eitelkeiten. Über den „No Make-up-Look„freut sich die Branche, weil natürliches Aussehen nicht einfach durch Nacktheit entsteht. Man suchte und fand vielmehr immer neue Kosmetika und Pflegeprodukte zur „Clean-Girl-Ästhetik„. Hautunreinheiten müssen in glatter Hautillusion verschwinden, das Auge soll von selbst erstrahlen, Lippen ohne teures Aufspritzen wirken. Die Kosmetiktasche hat jetzt statt zwanzig, eher vierzig Produkte – gestylt nach den Influencerinnen auf TikTok. 18,6,Milliarden Euro haben deutsche Frauen und Mädchen 2024 angeblich investiert. Wird es mehr Kinder geben?