Gestern gab es 90 Minuten Duell zwischen Kanzler und Kanzlerkandidat: also im Format des altmodischen, sprachlosen Zweikampfs mit denkbarer Todesfolge. So dramatisch wurde es aber nicht, jedenfalls nicht an der Oberfläche. Die eigentliche gefährliche Situation gab es vor rund zwei Wochen im Bundestag, als Merz seine erschlichene Beschlussfassung zum „Zustrombegrenzungsgesetz“ als Gesetzesvorlage präsentierte. Draussen tobten die Demonstranten, die ihm den Wortbruch („nie mit der AfD“) nicht verzeihen wollten und werden. Auch vorgestern demonstrierten zehntausende überall in der Republik: es war eine einzige Sympathiebekundung für Scholz. Dieser konnte sich stark fühlen wie selten in letzter Zeit;  die Blitzumfragen am späten Abend verrieten die Vorliebe der Frauen für ihn, angeführt von den „Omas gegen Rechts“ und gestützt von Angela Merkels scharfer Kritik an ihrem Parteigenossen.

Nüchterne Wahrnehmung müsste lauten: Weder SPD noch CDU/CSU möchten mit irgendwem koalieren; beide werden mithin vermutlich als Minderheit mit wechselnden Partnern regieren, unter den Argusaugen der extremen parlamentarischen Ränder, die zusammen so viele Sitze haben werden, wie einzeln jede sogenannte Volkspartei. Aber warten wir ab, was die kommenden Duelle mit und zwischen Weidel, Habeck und Lindner bezeugen.