Der neue SPIEGEL feiert den zehnjährigen Geburtstag des berühmten Selfies von Anas Modamani und Angela Merkel. Sie begegneten sich in Spandau, sie stieg aus dem Auto, er stand günstig und knipste geistesgegenwärtig mit dem Handy. Zeitgeschichte im Inbild, zwei Gesichter von frappierender Narrationsgewalt. Inbegriff von Merkels „wir schaffen das“, aber auch eine bald glühende Hassvorlage für deutsche, besser: für ostdeutsche Xenophobie. Der große Artikel des SPIEGEL resümiert die heutige Lage und erinnert an die hochdramatischen Auseinandersetzungen um Flüchtlingszu – und abwendung. Auf der Hasswelle surfte die AfD nach oben; heute ist sie wahrhaftig bei 25% Prozent und mit Blick auf die kommende Thüringer Landtagswahl 2026 als Partner des BSW denkbar übermächtig. Was aus der europäischen Flüchtlingspolitik wird, weiss niemand, weil niemand die erratischen Zuckungen der US Politik vorhersehen kann.
Das Geschäft des Gesichterlesens ist uralt. Verwandt mit ihm ist die babylonische Vogelschau, die Leberwahrsagung, Hepatomantie; verwandt ist sie vor allem mit dem Handlesen. Gerade jetzt, in maximal unsicheren Zeiten, würde man gern in diese archaische Stammeslehre zurückfallen. Stattdessen verlangt entweder face detection unser Gesicht als Ausweis; oder Botox formatiert es als physischen Prompt im sozialen Influencer- und Medienrummel. Last but not least erscheinen immer mehr glatt glänzende Robos auf der Bildfläche; vor allem Sweaty, der Schachroboter, der uns längst überholt hat. Faltenlos, mit etwas ruckeligen Bewegungen, aber glühenden Augen. Was kostet wohl so eine Partie gegen den Menschengeist, der Sweaty immerhin kreiert hat, an Strom?