Manchmal blickt eine Zeitungsseite als Insektenauge vielfach facettierend auf die Gegenwart. So heute die FAZ, die wie immer Mittwochs besonders reichhaltig ist, auch wegen der Beilage zu „Natur und Geist“. Das Feuilleton stellt nebeneinander einen Roman von Sibylle Berg über unsere digitale Endzeitlichkeit; ferner eine altmodisch gründliche Studie von Christian Bermes als „Umschau der Meinungswelt“, daneben wiederum eine ernstgemeinte Satire auf die Plagiate der frisch nach Bonn berufenen Ulrike Guerot, die dort nicht nur einen Lehrstuhl bekleidet, sondern auch Leiterin des Centre Ernst Robert Curtius wurde, einem der früher höchst geachteten Philologen des europäischen Mittelalters. Allem voran steht die Nachricht, der deutsche PEN wolle sich mit 232 neuen Mitgliedern neu formatieren, bzw. erneut mit Deniz Yücel an der Spitze politisch agieren. Yücel war ja bei der letzten Mitgliederversammlung in Gotha im Mai als PENpräsident zurückgetreten. Theorie und Praxis, könnte man die Wahrnehmung dieses Insektenauges überschreiben. Zur Theorie gehören Roman und gelehrte Studie, zur Praxis die diversen Machtübernahmen und Pfründeschlachten. Die letzteren bilden Brücken oder Rutschbahnen zur sprachlosen Handgreiflichkeit oder gar zum Duell, wenn nicht zum Krieg, wie seit Monaten um die Ukraine. Auf der Medienseite dieser FAZ Ausgabe vom 8. Juni 2022 wird folgerichtig ein Artikel dem „Machtgefälle im Netz“ gewidmet: die Unterzeile lautet:“ Studie warnt ARD, ZDF und Deutschlandradio davor, den Vorgaben der Social-Media-Konzerne zu folgen.“ Diesen Konzernen, mit ihren lukrativen Plattformen, hat jüngst Joseph Vogl eine beissende Studie gewidmet. Deren Kritiker sollten die FAZ heute lesen.