„In Gesellschaften, die der Frau die Verhüllung des Gesichts aufzwingen, herrscht eine Kultur vor, die darauf abzielt, die Frau aus der Gesellschaft auszugrenzen“, beginnt ein Artikel für die Internationale Ausgabe der NZZ: also für die deutschsprachige Leserschaft weltweit. Nun also ein feministisches Referat, mit vielen Zitaten weiblicher Aktivistinnen, aber verfasst von einem männlichen Autor. Ist etwas daran aktuell? Natürlich steht der gräßliche Mord am Geschichtslehrer Samuel Paty vom letzten Oktober unauslöschlich vor Augen, als Teil der fortwährenden islamistischen Bedrohung, nicht nur in Frankreich. Präsident Macron versucht gerade neue Schranken zu errichten.
Aber hat das Burka-Tragen momentan etwas damit zu tun? 2011 erliess Frankreich als erstes Land ein Burkaverbot – viele andere Länder folgten. Nun, unter Corona Bedingungen, wird die Lage paradox. Denn das Gesetz verbietet jede Gesichtsmaske im öffentlichen Raum , verlangt aber seit 2020 medizinisch das Gegenteil. Ein Artikel dazu wäre dringlich erwünscht. Aber darum geht es der NZZ nicht. Worum dann?
Schweizer Konservative lieben das Religions- Thema wahrscheinlich trotz gewaltiger Präsenz- Lücken. Vor ein paar Jahren zählte man vielleicht 100 lebendig verhüllte unter den rund 6 Millionen Eidgenossen, aber vielleicht tausend erschreckende Bilder auf grellen Wahlplakaten und entsprechenden Zeitungsseiten. Als 2015 eine Million arabische Flüchtlinge nach Europa drängten, erschütterte der Hass gegen sie unsere politische Szene. Die Schweiz war besonders erbittert. Bis heute unterstützen manche Zeitungen die Merkelgegner. In diesem Jahr endet Merkels Herrschaft. Mit einer deutschen Ausgabe beteiligt die NZZ sich am Wahlkampf. Soviel zur Aktualität.