kann man in den Werkstätten des homo visibilis von heute erkennen: buchstäblich, nicht nur im philosophischen oder politischen Sinn. Das heutige Datum erinnert zwar an den Mauerbau und also an die Züchtung des homo sovieticus; die Russistin Jutta Scherrer hat an diese fanatischen Leistungen des Bolschewismus erinnert: „Baustelle Mensch“, nannte sie ihr eben im Springer Verlag erschienenes Buch über „Humanismus in der Sowjetunion“. Rabiate Biopolitik gehörte in dieses Umfeld –  nicht nur im NS Deutschland mit seinen eugenischen Phantasmen .
Die westliche Welt hat sie nach 45 anders entwickelt, jenseits einer oder sogar gegen die Hoffnung auf einen neuen Menschen. Da sind die fanatischen Entwürfe der „Face detection“, die jedem Diktator zur Kontrolle ganzer Nationen dienen; da sind andererseits die Schönheitsvisionen der globalen Kosmetik- und Filmindustrie. Kim Kardashian heisst momentan der Engel an diesem Himmel, der sogar Masken zur Schönheitslinie des Knochenbaus liefert.  Andrii Kopchak heisst der irdische Erlöser im ukrainischen Kriegslazarett: der Mann, der entstellte Soldatengesichter wieder flickt oder gar herstellt.

Die archaischen Ängste, mit einem versehrten  Gesicht ein Leben in Familie und Gesellschaft verloren zu haben, kann niemand nachfühlen, der dieses Schicksal nicht kennt. 1919 liessen die Franzosen im Spiegelsaal zu Versailles französische Gesichtsversehrte auftreten, als Schock, während die Deutschen den Friedensvertrag unterzeichneten. 1924 erschienen solche  Porträts in dem Band „Krieg dem Kriege“ von Ernst Friedrich: viersprachig und später weltweit übersetzt. Wie werden wir  mit den Veteranen des russischen Humanismus, vulgo Vernichtungskrieges, umgehen?