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20. März 2024 – Kriegstüchtig werden

Sollen die Deutschen, sagt seit geraumer Zeit der deutsche Verteidigungsminister Pistorius, und meint damit einerseits die Aufrüstung der Bundesrepublik nach den Massgaben der USA – also das Erreichen der ZweiProzentHürde, die allen NATO Partnern vorgegeben sein soll -, andererseits die Reaktion auf das maßlose Geschehen zwischen Russland und der Ukraine. Immer näher rückt ja die argumentative Situation, wonach Russland auf NATO – Angriffe reagieren könnte, und zwar atomar. Der gegenwärtige Streit um eine Waffe für das ukrainische Militär namens Taurus balanciert dabei auf einem Hochseil. Während Kanzler Scholz kategorisch die Lieferung ablehnt, ereifern sich Mitglieder des Bundestages über das Gegenteil, unter Gefahr von Durchstechereien. Man diskutiert, wie diese Waffe kriegstüchtig sein könnte, um russische Positionen und Objekte zu zerstören, wer diese Fertigkeit an Ukrainer weitergeben kann und ob nicht die BRD darunter leidet. Genaugenommen hätte Präsident Putin sagen können, dass der NATOfall vorliege, etwa weil Staaten wie Schweden und Finnland ihre Neutralität für die Mitgliedschaft aufgeben und vieles andere mehr. Wie man sieht, ist die Gebetsmühle „Wandel durch Handel“ inzwischen völlig sinnleer. „Wandel durch Nicht-Handel“wird mittels Sanktionen betrieben und zielt auf den ökonomischen Zusammenbruch des Gegners. Man hat nicht mit Putins Raffinesse, mit der russischen Indolenz und Ausdauer gerechnet, auch nicht mit den vielfachen Kooperationen auf der internationalen Bühne. Also mit China, mit Indien, mit vielen antiwestlichen Staaten. Einen Tag nach der Ermordung des aufsässigen Befehlshabers der Wagner Truppe, Prigoschin, fand eine Sitzung der Briks-Staaten statt, mit sechs neuen Mitgliedern. Alle zusammen bildeten eine Mehrheit der heutigenMenschheit ab. Und seit vorgestern ist Putin erneut Präsident des russischen Reiches. Wie können unter dieser Voraussetzung die Europa-Wahlen am 9. Juni verlaufen?

2024-11-26T11:33:16+00:0003 '24|Gesprächsrundschau|

16.Februar 2024 – Kein Ende des Streits

Nein, muss ich dieses Tagebuch heute fortsetzen, nach einem Monat. Es war ein Monat grausamsten Krieges zwischen Israel und Hamas, aber auch unablässiger diplomatischer Anstrengungen aus aller Welt. Heute begann wieder einmal eine Sicherheitskonferenz in München, was kann sie erbringen? Brutale Angriffe der Hamas auf Israel, Mord, Vergewaltigung, Geiselnahmen brachten das israelische Militär an die Grenzen der Leistungsfähigkeit und Akzeptanz weltweit. Was für ein Gegner! Eine jahrzehntelang hochgezüchteteTerrorgruppe, die sich mit menschlichen Schutzschilden absichert, Tunnel unter Krankenhäuser und Schulen gräbt, und wiederum weltweite Unterstützung findet. Wer müsste nicht zittern vor einem Gegner, der 2011 einen Bin Laden zu einer lang ausgebrüteten teuflischen Rache motivierte. Aber wer müsste eben auch nicht zittern vor der israelischen Vergeltung. Wissen wir, wieviel messianische Hoffnung auf dieses Armageddon gesetzt wird, wissen wir, welche Rolle die ultraorthodoxen Regierungsmitglieder neben Benjamin Netanjahu spielen – spielen dürfen? Der Messias kommt, wenn die Not am größten ist. Dieses Scenario hat die Hamas den Juden bereitet: wohlgemerkt nur den gläubigen, die keinen Wehrdienst leisten.

2024-10-22T23:38:10+00:0002 '24|Gesichtsrundschau|

31. Januar 2024 – Vom Streit zum Streik

Wer die aufgeregten Debatten der französischen Philosophen aus den letzten Jahrzehnten in Erinnerung ruft, wird nicht nur Francois Lyotard entdecken, mit seiner Idee des grundsätzlich agonalen Charakters von Dialogen, sondern auch die belgische Politologin Chantal Mouffe, auf dem Ross des deutschen Streitphilosophen Carl Schmitt. Für einen linken Populismus warb sie schon vor zehn Jahren, und für eine unversöhnliche Freund-Feind Gesinnung. In Frankreich haben wir das alles erlebt, die Gelbwesten und andere brutale Streiks ohne Rücksicht auf Verluste. Franzosen, lernt man, wollen immer wieder Revolution spielen: was aus dieser wurde, ist offenbar gleichgültig. Macron hat sich wacker gehalten, auch jetzt, inmitten der wieder gnadenlosen Bauernaufstände, die unsere eigenen hierzulande noch übertreffen. Morgen wird er in Brüssel erwartet. Frau Wagenknecht hat sich die Richtung zueigen gemacht, und die aufstürmenden Demonstrationen der deutschen Bevölkerung / Linken in den letzten Tagen bekräftigen sie. Niemand hätte gedacht, dass die muffigen deutschen Nichtwähler und Meinungsfreaks aus den Häusern kommen und sich hier engagieren. Aber offenkundig sollen diese Hunderttausende von Demonstranten gegen die AfD auch die schwache Repräsentanz der Linken im Bundestag kompensieren, also eigentlich gerade nicht Wagenknecht helfen. Was sagt sie dazu? Man fragt sich, ob hier Vorspiele zum Bürgerkrieg aufgeführt werden. Jedenfalls hält die Lunte dazu gerade der bodenlos freche Coup der AfD, ein Treffen im Herzen Preussens, unweit von Potsdam, in einem Adlon Hotel zu organisieren, in dem nichts weniger als Adolf Eichmanns Madagaskarplan vorgestellt wurde: Austreibung der Juden, hiess es 1937ff, wäre auch fast 1940 von Hitler umgesetzt worden, hätten die Briten damals nicht die Region beherrscht. So also ist die Empörung von heute auch ein markerschütterndes Echo auf damals: wenn auch im Kontrast zu den jetzigen Turbulenzen des Bürgerkriegs zwischen Hamas und Israel. Kann Populismus – also massentaugliches Manövrieren – in so einer Lage helfen? Oder geht es um Sturz unseres farblosen Königs, pünktlich zu den Europawahlen im Juni?

2024-10-23T13:41:52+00:0001 '24|Gesprächsrundschau|

19. Januar 2023 – Im Augiusstall der Diskurse

Man muss sie wirklich einmal würdigen: die Anstrengungen des FAZ Herausgebers JürgenKaube, Sinn und Verstand in den öffentlichen Diskurs zu bringen. „Verwildert“ sei er, hiess es vor drei Tagen, “ der Schall ist schneller als das Licht. Minimale Erwartungen an Argumente werden nicht erfüllt. Man kann, zumindest für kurze Zeit, so gut wie alles behaupten. Weder Logik noch Anstand begrenzt die Möglichkeit, etwas zu sagen. Es wird als undemokratisch bezeichnet, wenn beklagt wird, jemand verlasse den Bezirk des verständig Sagbaren.“Ja, und heute, aus Anlass der Einwanderungs-Abstimmung im Bundestag, zeichnete Kaube mit dem Soziologen Stichweh fast geduldig die falschen Anschuldigungen gegen die Ampel nach. Weder hätten die Parteien jemals die demokratischen Institutionen der Republik infrage gestellt, noch seien Kanzler und Innenministerin „Mitglied der Werteunion“, niemand spricht von „Umvolkung“ oder von einer ethnisch bzw. kulturell homogenen Bevölkerung. Warum, so Kaube, hört man derartig törichte Aussagen? Offenbar herrscht „völlige Phantasielosigkeit im politischen Streit, die in der Beschimpfung des Gegners nicht nur das nächstgelegen, sondern das gebotene und mitunter sogar das einzige Mittel findet.“ Man könnte aber sogar eine unheimlichere Deutung finden. Vielleicht handelt es sich um Wunschträume ? Noch hat die Psychologie, oder besser die Psychoanalyse den Verdacht nicht erläutert, dass die Sehnsucht nach einer Diktatur womöglich suizidale Motive hat. Nur ein starker Führer kann diesen Todes-Trieb in uns erwecken und ihn – befriedigen.

2024-10-23T13:40:46+00:0001 '24|Gesprächsrundschau|

16. Januar 2023 – Der Sieg in Iowa

Nun ist eingetreten, was alle Demokraten gefürchtet haben: Trump hat die Vorauswahl in Iowa mit 51 Prozent Zustimmung seiner Sekte gewonnen, Niki Haley rückte auf Platz 3, Ron de Santis auf Platz 2. Anders als in der Sprache der Wettbüros, des Pferde- oder Autorennens, kann man eigentlich nicht über die Lage in den (nur schlecht) Vereinigten Staaten berichten. Aber man darf es nicht, die Lage ist zu ernst. Denn dieses Ergebnis strahlt aus in alle westlichen Demokratien, es ermuntert die Neonazis dieser Erde, die vermutlich längst wilde Preise auf dem Antiquitätenmarkt erzielen, mit jeder Reliquie aus der Weimarer Republik oder gar aus dem Ersten Weltkrieg, deren sie habhaft wurden. Und wie werden sie habhaft? Durch Familiengeschichte, durch Eltern, Groß- und Urgroßeltern. Überall wurde erzählt, überall gab es Oral History. Während die letzten 50 Jahre in Deutschland (unter Anleitung angelsächsischer Psychoanalytiker) von Aufarbeitungen der NaziFamilien beherrscht waren, hat sich vor allem in Ostdeutschland der Wind gedreht. Hier gab es ja keine Nazis, und an grausame Russen will man sich nicht wirklich erinnern. Aber warum blüht Familiengeschichte derart weltweit? Eine zentrale soziale Matrix ist unsere westliche Wirtschafts-, genauer: unsere Bildungsgeschichte. Immer mehr Kinder wohnen kostenhalber auch während der Ausbildung weiter zuhause, immer mehr dynastisches Denken greift Platz: Söhne und Töchter sollen die Berufe der Eltern erlernen. Beides verschafft Vorsprung im Wettbewerb, beides bringt überpositiv besetzte Familiengeschichten zustande und fördert ein Denken in ethnischen Kollektiven. Der große Bauernaufstand der letzten Tage hat unsere am meisten gefährdete Dynastie zum Bewußtsein gebracht: die der Bauern. Wollen Frauen noch Bauern heiraten und deren kräftezehrenden Job teilen? Wollen Lehrerinnen in internetlose Dörfer? Nur eine starke Ideologie kann noch helfen: Donald Trump macht es mit seiner Sekte vor, nach Hitlers Vorbild. Entrechtete und ausgebeutete Landbevölkerungen hat er sich – wie schon Marine Le Pen – erkoren und wütende Familien auf die Strasse geschickt, nein: ins Kapitol, die Regierungszentrale.

2024-10-23T13:43:05+00:0001 '24|Gesprächsrundschau|

6. Januar 2024 – Der Sturm auf das Kapitol

Heute jährt sich der unerhörte Sturm auf das amerikanische Kapitol in Washington zum drittenmal. Offenbar wird er von der TrumpSekte nicht gefeiert, und angesichts der 800 schon verurteilten Teilnehmer und der 80 noch ausstehenden Prozesse ist die Zurückhaltung auch verständlich. Aber was wissen wir über die heimlichen Triumphgebärden. Öffentlich steht der Sturm aber dennoch im Mittelpunkt, wegen der beiden Verbote einer Trump Kandidatur in diesem Jahr in Maine und Colorado. Der Supreme Court soll nun darüber entscheiden. Die NZZ (schon immer nah am Russenfreund DT) referiert heute Trumps Chancen und sieht Licht am Ende des Tunnels. Gesetzeslücken werden genutzt werden, die Mehrzahl der Richter wurde ohnehin vom ExPräsidenten selbst eingesetzt, und sie wird sich erkenntlich zeigen. Oder eine windelweiches Jein anbieten, mit Rückverweisung der Frage an das Parlament. Wüßte man in den USA, dass dieser Sturm letztes Jahr ein blankes Imitat der europäischen Märsche war (Mussolinis Marsch auf Rom 1921; Hitlers Marsch auf die Feldherrenhalle 1923) , wüsste man, dass die berühmte „Dolchstosslegende“ des Ersten Weltkrieges als Vorlage für das Wahlbetrugsgezeter gelten muss, man würde vielleicht anders darüber reden und denken. Man würde auch die unlängst veröffentlichten Projekte des Mr. Trump nach einem Wahlsieg (Destruktion der Verfassung, Sorge um reines amerikanisches Blut, etc.) ernster nehmen und alles zusammen als aktionistisches Plagiat von Hitlers „Kampf“ begreifen. „It Can’t Happen Here“ hiess das ahnungsvolle Buch von Sinclair Lewis aus dem Jahr 1935 , geschrieben Jahre, bevor das volle Ausmass der faschistischen Angriffe auf die Demokratie bekannt wurde. Die Hellsichtigkeit dieses Buches ist inzwischen Thema vieler Analysen – aber sie reichen nicht in die OpinionSeiten der großen Zeitungen, geschweige denn in die juristischen Plädoyers. Warum wohl? Trumps Avancen an die jüdische Welt, der Umzug der US Botschaft nach Jerusalem, die Anleitungen zur Versöhnung mit arabischen Nachbarn, der jüdische Schwiegersohn, all das mag die NS Plagiate vernebelt haben, und trotzdem müssten sie bitterernst genommen werden.

2024-10-23T13:44:26+00:0001 '24|Gesprächsrundschau|

26. Dezember 2023 – Blick in den Abgrund

Heiligabend ist vorüber, gottlob ohne dramatische Attentate, es sei denn, man hält die fortdauernden Kriegshandlungen in der Ukraine und im Nahen Osten für solche. Hierzulande schwelt immer weiter der Streit zwischen pro- und antiisraelischen Stimmen. Das gegenwärtige Patt könnte sich zu Silvester dramatisieren, sollten aus Böllern propalästinensische Waffen werden und Menschen verletzen oder gar töten. Aber vielleicht rechtzeitig erschien im Oktober ein Buch vom Grand Seigneur der Holocaust Forschung: dem greisen Saul Friedländer, „Blick in den Abgrund“ heisst sein Tagebuch des Jahres 2023, veröffentlicht im Verlag C.H.Beck und bereits in der dritten Auflage. Dass es einen dringenden Bedarf nach genaueren Auskünften über das gegenwärtige Innenleben Israels gibt, steht ausser Frage. Dass der Autor aus dem israelischen deep state stammen und dessen Autorität besitzen muss, ebenfalls. Was lesen wir hier? Die Langzeitbeobachtung der Person Netanjahu. Schon 1998 hat man ihn als treibende Kraft hinter den aufsteigenden orientalischorthodoxen Communities erkannt, die diesen Ministerpräsidenten mit säkularen Rechtsvorstellungen verschonen würden, wenn er sie nur zur Macht brächte. Und das hat er in der Tat betrieben und erreicht. Friedländer weiss es, kann es beurteilen und beurteilt es auch. Wochenlange Demonstrationen zwischen Jerusalem und Tel Aviv, monatelange Dissense über die Rolle des Obersten Gerichts und dessen erwünschte Entmachtung durch messianische Siedler. Die dramatische Konsequenz: der Zerfall der israelischen Gesellschaft in West und Ost, wie er sich gerade eben vor unser aller Augen abspielt. Ein weltpolitischer Abgrund, angesichts von Hisbollah,von iranischen Todesdrohungen und einer wachsenden Zahl von Kriegsschauplätzen mit Trittbrettfahrern, die angeblich Palästina zu Hilfe eilen. Alle ideologischen Diskurse über deutsche Schuld, Schoa, Zionismus und Chassidismus verblassen vor der akuten Präsenz dieser Kriegslage. Wer finanziert hier wen und warum. Kein westlicher Politiker mit Verantwortung ist jetzt zu beneiden. Oder eben doch: denn sie allein könnten das Recht des Stärkeren vor den Kadi ziehen, um die Stärke des (Völker)Rechts durchzusetzen.

2024-10-23T13:45:31+00:0012 '23|Gesprächsrundschau|

14. Dezember 2023 – Dialog als Scheitern: Die Konferenz

Seit Wochen bewegen sich die Politiker weltweit von Konferenz zu Konferenz: sei es in Sachen Klimaschutz, oder europäischen Digitalstandards oder europäischem Einfluss auf die Moral der künstlichen Intelligenz oder UNO Einfluss auf die Tragödie in Israel. Schon hat Premier Netanjahu die Welt wissen lassen, dass ihm oder seinem Land gleichgültig sei, was andere von ihm denken, wenn er die Hamasfrage endgültig löst, durch das Fluten der Tunnel. Hamaskämpfer als Ratten im Untergrund. Vielfach störend bei allen Meetings sind rechtliche Vorgaben wie etwa die Einstimmigkeit – bei UNO, EU, in der NATO: das Paradox, dass auch Einstimmigkeit nur einstimmig abgeschafft werden könnte, wurde bis jetzt nicht entzerrt. Gerade heute versucht man in Brüssel, den störrischen Präsidenten Victor Orban auf Kurs zu bringen – aber er will eben umgekehrt die EU putinisieren. Werbewirksam kündigt Putin zum Jahresende seine erneute Kandidatur an, plus Fortsetzung der >Spezialoperation< gegen die Ukraine, die angeblich Nazitum verkörpert, aber eigentlich schwach und schwächer wird. Der antike Dialog der Melier steht wieder am Horizont. Und hierzulande? Die Wahlen 2024 in Ostdeutschland zeigen mit AfDStimmen plus Sahra Wagenknecht in Richtung einer absoluten Mehrheit. Mehrheit wofür? Für das Ende der Russland Sanktionen, das Ende der Waffenlieferungen an Kyiew, das Ende des liberalen, demokratischen Projekts , möglichst auch in Brüssel. Über allem steht das böse Genie der Vereinigten Staaten: Mister Trump. Welche Funktion hat in diesem Narrativ das Chatbot GPT?

2024-10-23T13:46:24+00:0012 '23|Gesprächsrundschau|

19. November 2023 – Das dialogische Prinzip wird 100

Recht hatte er, der israelische Religionsphilosoph Elad Lapidot, als er jetzt in der FAZ ausdrücklich an Martin Buber (1878 – 1965) erinnerte. Nicht nur feiert in diesem Jahr 2023 der legendäre Gründungstext aller Dialogik, das Buch namens „Ich und Du“, seinen hundertsten Geburtstag, vielmehr hat der deutsch-jüdische Philosoph Buber, damals in Jerusalem lebend, auch den immerwährenden Konflikt mit den Palästinensern zeitgenössisch kommentiert. Anlässlich einiger böser Massaker der arabischen Bevölkerung, konstatierte er in einer Rede von 1929 die Einstellung der jüdischen Siedler, wonach „die angemessene Antwort auf die unerbittliche Gewalt [der Palästinenser] nicht Worte des Friedens sondern Handlungen größerer Gewalt seien.“ Buber weigerte sich, „die Araber als eine neue Variante des biblischen Amalek zu betrachten. Er bestand darauf, den offensichtlicheren, unmittelbaren soziopolitischen Kontext der Gewaltausbrüche anzuerkennen.“ Der Zionismus, erläutert Lapidot weiter, „siedelte europäische Juden in Palästina an, und dies war nur durch ein Bündnis mit dem britischen Empire möglich, welches das Land seit dem Ersten Weltkrieg besetzt hielt. Buber wollte anerkannt wissen, dass dieses Projekt unweigerlich Ungerechtigkeit gegenüber der einheimischen arabischen Bevölkerung mit sich bringe.“ Denn anders als die Briten seien die Juden in dieses alte Land ihrer Vorväter nicht gekommen, um zu herrschen, sondern um zu wohnen und zu leben, und dies in sozialer Gerechtigkeit auch gegenüber der lokalen Bevölkerung. Buber fand diese Pflicht nicht erfüllt. „Indem er sich weigerte, seine Feinde zu kriminalisieren, erhob er als Jude, als Zionist, seine Stimme gegen die von den britischen Militärbehörden verhängten Todesurteile gegen arabische Täter und erklärte: >Wir Zionisten, wir Juden, müssen intervenieren. Wir haben kein Recht, aber wir müssen manifestieren, wir müssen vor der Öffentlichkeit der Welt sagen es ist unser Wille, dass die Todesurteile, die unseretwegen, wegen der Untaten an uns ausgesprochen wurden , nicht zu vollstrecken sind.<„

Bubers Werk über „Ich und Du“ bildet zu dieser Auffassung die Blaupause. Es beginnt mit den Worten: „Die Welt ist dem Menschen zwiefältig nach seiner zwiefältigen Haltung. Die Haltung des Menschen ist zwiefältig nach der Zwiefalt der Grundworte, die er sprechen kann. Die Grundworte sind nicht Einzelworte, sondern Wortpaare. Das eine Grundwort ist das Wortpaar Ich -Du. Das andere Grundwort ist das Wortpaar Ich-Es; wobei, ohne Änderung des Grundwortes, für Es auch eins der Worte Er und Sie eintreten kann. Somit ist auch das Ich des Menschen zwiefältig. Denn das Ich des Grundworts Ich-Du ist ein andres als das des Grundworts Ich-Es.“ Beide EgoFiguren widersprechen einander auf Anhieb. Sie haben auch nichts mit Sigmund Freuds Schrift aus demselben Jahr 1923 zu tun: „Das Ich und das Es“, mit der umfassenden Triebtheorie. Buber sieht das Ich, welches Du sagen kann, nicht als begehrendes sondern als sprach- und beseelungsfähig, hingegen das Ich, welches Es sagt, als erfahrungs-, lern- und erfolgsbegierig. Das Du-Ego beseelt auch die nichtmenschlichen Dinge, das Es-Ego entseelt auch die menschlichen. Martin Buber dachte und schrieb als Mystiker, teils christlicher, teils jüdischer Provenienz. Das Angesicht Gottes im „Du“ spielt dabei eine entscheidende Rolle. Welche Rolle mag diese Gläubigkeit heute noch in der israelischen Gemeinde, oder den ultraorthodoxen Parteien in der heutigen Regierung spielen?

2024-10-23T13:48:09+00:0011 '23|Gesprächsrundschau|

15. November 2023 – Das Ende des Streiks

Endlich hat man sich in Hollywood geeinigt, auf ArbeitsKonditionen für AutorInnen und SchauspielerInnen, bei gegebener und unhintergehbarer Mitwirkung der Künstlichen Intelligenz. Die ist gekommen, um zu bleiben, müsste man mit drohendem Unterton sagen. Auch wenn die Panik etwas verflogen scheint, man hat wohl die Vorteile erkannt, die überragende Intelligenz und Belesenheit allemal erbringen – aber hat sich die Weltlage deshalb wirklich verbessert? Wird KI genutzt, um Frieden zwischen den Völkern herzustellen oder dient sie im Gegenteil dazu, immer raffiniertere Anschläge auszuführen? Israel, das seit dem 7. Oktober einen bitteren Krieg gegen die Palästinenser führt, könnte diese Intelligenz brauchen, um die HAMAS unter den Krankenhäusern zu outen und zu vernichten, ohne die Patienten, die Neugeborenen, das Personal und womöglich die Geiseln über der Erde zu schädigen. Ist das denkbar?

2024-10-22T23:38:31+00:0011 '23|Gesichtsrundschau|
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